Diedrich Höyns im Interview Handwerk ist besser als sein Ruf

Der Fachkräftebedarf ist groß, auch im Bezirk der Kreishandwerkerschaft Elbeweser. Müssen die Betriebe lauter kommunizieren?

Diedrich Höyns: Ein klares Ja. Und das nicht nur in Printmedien, sondern auch dort, wo junge Menschen sich überwiegend aufhalten, nämlich im Internet und Portalen wie TikTok, Meta etc.. Azubis und Fachkräfte müssen gezielt über die relevanten Kanäle angesprochen werden. Etwas moderner und lauter in eigener Sache ist also durchaus angemessen. Bei Kolleginnen und Kollegen aus dem Handwerk nehme ich seit kurzem häufiger kleine Erklärvideos im Netz zum Unternehmen und den Möglichkeiten einer Ausbildung wahr. Genau das braucht es jetzt noch viel mehr.  

Die beruflichen Chancen im Handwerk sind vielfältig – warum interessieren sich trotzdem immer weniger junge Menschen fürs Handwerk?

Höyns: Duales Studium, Meisterschule oder Selbstständigkeit bieten in der Tat vielfältige Möglichkeiten zum Ein- und Aufstieg. Die Frage zahlt auch ein wenig auf die erste Frage ein: Denn die fehlenden Sichtbarkeit und damit Kenntnis über die breit aufgestellten Chancen in der Ausbildung im Handwerk ist ein Faktor. Hier können und müssen unsere Innungsmitglieder wie schon genannt tätig werden.

Junge Menschen brauchen aber auch die Hand der Eltern, um als selbständige Menschen später erfolgreich im Leben zu stehen. Eltern sollten ihren Kindern Mut machen und ihnen helfen, das Arbeitsumfeld zum Beispiel durch Praktika unmittelbar zu erleben. Was machen Mama oder Papa eigentlich genau beruflich, und wäre das vielleicht etwas für mich, kann dann besser beantwortet werden. 

Hat die Handwerksbranche ein Imageproblem?

Höyns: Sicherlich hat das Image des Handwerks in letzter Zeit gelitten. Zu anstrengend, vor allem wegen körperlicher Arbeit und noch dazu schlecht bezahlt; dies ist eine weiterhin vorherrschende Meinung. In den meisten Fällen zu Unrecht. Denn das Handwerk heutzutage ist nicht nur dank vieler technischer Hilfsmittel und Innovationen modern aufgestellt. Auch die Bezahlung ist häufig deutlich besser, als zunächst erwartet – vor allem nach dem erfolgreichen Abschluss der Lehre. 

Hier bieten sich dann wie beschrieben etliche Möglichkeiten als Geselle, je nach Branche, ob mit Fokus  auf das technische, oder bspw. auch kaufmännisch. Nicht zuletzt mit dem Meistertitel besteht die Chance, in die eigene Selbständigkeit zu gehen, ein eigenes Unternehmen zu gründen oder eins zu übernehmen.

Auch die Kommunikation mit den Schulen und regelmäßige Veranstaltungen u.a. zur Berufsorientierung sind hilfreich. Die Kreishandwerkerschaft pflegt den Austausch mit Schulen im Bereich der Kreishandwerkerschaft Elbeweser und unterstützt Betriebe u.a. bei der Erarbeitung von Anforderungsprofilen für den Nachwuchs. 

Interview / Teil 2

Was können Unternehmer aus dem Handwerk gezielt tun, um mehr Auszubildende zu rekrutieren?

Höyns: Tue Gutes und rede darüber, ein Sprichwort, dass weiter seine Berechtigung hat. Unternehmen die am Markt dauerhaft erfolgreich sind, gehen mit der Zeit, und bieten immer dann wenn es möglich ist z.B. flexible Arbeitszeiten. Selbst Homeoffice, zumindest an wenigen ausgewählten Tagen, ist – je nach Branche – nicht gänzlich ausgeschlossen im Handwerk. 

Nicht zu unterschätzen ist die Regionalität der Angebote, das heißt, junge Menschen finden ihren Arbeitgeber quasi vor der eigenen Haustür in ihrem sozialen Umfeld. 

Was sollte die Politik zudem an verlässlichen Rahmenbedingungen schaffen?

Höyns: Die Betriebe brauchen in erster Linie schnelle, verlässliche Entscheidungen – für weniger Bürokratie, bezahlbare Energie, eine gezielte Fachkräftesicherung und ein wirtschaftsfreundliches Steuer- und Abgabensystem. 

Wie beurteilen Sie die Zuwanderung ausländischer Fachkräfte?

Höyns: Schon heute haben etwa 30 Prozent unserer jungen Nachwuchskräfte im Handwerk der Region Elbeweser einen migrantischen Hintergrund. Also, ohne diese Menschen geht es nicht. Wir müssen also ganz klar dafür sorgen, dass die qualifizierten ausländischen Arbeitskräfte auch in Zukunft zu uns kommen.

Häufiger steht zunächst die sprachliche Hürde im Weg beim Vorankommen. Hier hat das Handwerk die einmalige Chance, die jungen Mitarbeiterinnen und  Mitarbeiter zu fördern – nach dem Motto ‚learning by doing‘. Am schnellsten lernt man doch die Sprache, wenn man täglich mit Menschen zusammenkommt und „muss“. Wenn der Ausbilder diese Menschen mitnimmt und unterstützt in ihrer Entwicklung, ist das umso besser. 

Sie haben im eigenen Betrieb Autoelektrik Höyns die Nachfolgeregelung erfolgreich bewerkstelligt. Was raten Sie den Kollegen?

Höyns: Um es im Klartext zu sagen: Der ‚Laden muss in Ordnung sein.‘ Denn das ist die Basis für alles Weitere. Wenn die Leute der Meinung sind, die machen dort gute Arbeit, zahlt das in die Eigendarstellung ein und zudem in die Rekrutierung von Nachwuchs. Auszubildende und Gesellen , die anderen jungen Leuten zumeist gutes über ihren Betrieb berichten, sind die besten Botschafter und machen anderen jungen Menschen Mut – umgekehrt gilt das natürlich auch.

Die Wege zur Nachfolgeregelung sind unterschiedlich, ob aus der Familie, dem eigenen Mitarbeiterstamm oder von außen. Das Thema der geregelten Nachfolge muss daher früh genug angegangen werden – angesichts vielerlei Herausforderungen im Alltagsgeschäft ist das sicherlich keine einfache Aufgabe. 

In meinem Betrieb ist ein Mitarbeiter auf mich zugekommen, den Rest haben wir in offener Kommunikation und kontinuierlich im Sinne beider Parteien geregelt. Dabei ist letztlich natürlich auch die Beantwortung ‚was ist mein Betrieb eigentlich wert?‘ mitentscheidend.

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