Recht aktuell Materialknappheit infolge globaler Krisen

Zunächst die Corona Krise und verschärfend nun auch der russische Überfall auf die Ukraine verschärfen die bestehende Materialknappheit und führen zu teilweise rapiden Materialpreisanstiegen.

Wie Sie dieser Preisentwicklung durch die vertragliche Einbeziehung von Materialpreisgleitklauseln begegnen können, haben wir ein einem vorangegangenen Artikel bereits einmal anhand praktischer Beispiele aufgezeigt.

Allerdings gelten diese Klauseln in aller Regel nur für künftige Verträge. Bestehende Verträge werden in aller Regel nicht angepasst. Der Baugewerbeverband Niedersachsen hat hierzu Lösungsansätze entwickelt:

 
a. Nachtrag wegen Behinderung, Verzug

Eine Option bestünde darin die Mehrkosten über einen Nachtrag geltend zu machen. Dafür müssen aber die Voraussetzungen vorliegen. Einen Ansatzpunkt bieten zeitliche Verschiebungen der Ausführung, die in den Verschuldens- und Risikobereich des Auftraggebers fallen (z.B. Verschiebung des verbindlich festgelegten Baubeginns, verspätete Übergabe von Plänen, Freigaben usw.).

Kann daraus abgeleitet werden, dass die Bestellung der Materialien erst zu einem späteren als dem vertraglich vorgesehenen und kalkulierten Zeitpunkt möglich war und daraus Mehrkosten resultieren, sollte der Nachtrag auf dieser Begründung aufgebaut werden.

Im Bereich der Energiekosten (gestiegene Benzinpreise usw.) dürfte es aber auch bei einer Behinderung ausgesprochen schwierig werden, die zusätzlichen Kosten plausibel darzustellen. Hier ist zumindest mit erheblichen Beweisschwierigkeiten zu rechnen.

Sollte die Geltung von VOB/B vereinbart sein, kommen als Anspruchsgrundlage auch die Regelungen in § 2 Abs. 5 und 6 VOB/B in Betracht,Sofern die Zeitverzögerung aus Leistungsänderungen und Zusatzleistungen resultieren. Das kann nach neuerer Rechtsprechung für die Unternehmen die Möglichkeit eröffnen, auf die sog. „tatsächlich erforderlichen Kosten“ abzustellen und die damit Urkalkulation zu verlassen. Die Option sollte deshalb im Einzelfall geprüft werden.

Wichtig ist in allen Fällen, dass eine Behinderung und die zeitliche Verschiebung zuvor gegenüber dem Auftraggeber angezeigt wurde.


b. Störung der Geschäftsgrundlage bzw. Vertragsanpassung nach § 313 BGB

Unabhängig von der Rechtslage kann es sinnvoll sein, den Auftraggeber auch bei einem „normalen“, also nicht gravierend verzögertem Bauablauf über die aktuelle Preisentwicklung zu informieren, um eine Kostenbeteiligung diskutieren zu können. Das BGB sieht mit den Grundsätzen zur Störung der Geschäftsgrundlage in § 313 BGB einen entsprechenden Anknüpfungspunkt vor. Leider sollen nach der bisherigen Rechtsprechung Preisschwankungen in der Regel nicht ausreichen, um eine Vertragsanpassung verlangen zu können. Es ist jedoch vorstellbar, dass vor dem Hintergrund der dramatischen Entwicklungen die Gerichte dieses in absehbarer Zeit anders beurteilen werden. Zudem bietet diese Regelung immer einen Ansatzpunkt, um erst einmal in Verhandlungen mit dem Auftraggeber eintreten zu können. Einen Textvorschlag des Baugewerbeverbandes finden Sie hier.


c. Behinderungsanzeige aufgrund Lieferschwierigkeiten

Wichtig ist es, dass jede negative Auswirkung in Form einer Verzögerung infolge von Lieferschwierigkeiten und Versorgungsengpässen dem Auftraggeber unverzüglich angezeigt wird. Auch über eine solche Behinderungsanzeige findet sich ggf. ein Einstieg in die Materialpreisverhnadlung, wie ein weiterere Textvorschlag der Baugewerbeverbandes zeigt.


Festzuhalten bleibt, dass die Anpassung von Materialpreisen bei bereits bestehender vertraglicher Vereinbarung einsensibles Thema ist, dessen rechtliche Rahmenbedingungen sich nicht unbedingt günstig für den Auftragnehmer darstellen. Daher sollte wenn immer möglich der Verhandlungsweg mit dem Auftraggeber gesucht werden. Sollte sich hierzu eine gesicherte Rechtsauffassung der Gerichte herausbilden, halten wir Sie natürlich informiert.

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